300 Jahre Reiterles-Kapelle
Bürgerfest am 12. Oktober 2014 bei der Reiterles-Kapelle (Waldstetten/Tannweiler)
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Um die Entstehung dieses idyllischen Kapellchens, am östlichen Fuße des Rechbergle (auch Schwarzhorn) gelegen, ranken sich viele Volkssagen und Geschichten. Die Bekannteste dieser Sagen, ist die
vom Winzinger Hauptmann Roth und dem aus Tannweiler stammenden Bauer Reuterle. Der sehr wohlhabende Bauer Reuterle hatte dem Winzinger Hauptmann Roth einen großen Geldbetrag geliehen. Als der
Hauptmann Roth jedoch eines Tages verstarb, Machte sich der Bauer Reuterle auf den Weg nach Winzingen um der Beerdigung beizuwohnen und natürlich auch mit der Absicht, sich sein Geld von den
Hinterbliebenen zurückzuholen. Sowohl bei den Trauerfeierlichkeiten als auch am Abend und in der Nacht, begaben sich jedoch merkwürdige Ereignisse:
Die Sage
Im Winzinger Schloss lebte bis zum Jahr 1621 ein Tyrann namens Roth. Als er Starb und seine Leiche im Schloss auf dem Paradebett aufgebahrt war, waren unten Leute versammelt, um die Leiche zu sehen. Die Leiche war im Schlosshof aufgebahrt und der lutherische Pastor eben mit der Einsegnung beschäftigt, als sich Roths Geist am oberen Dachladen des Schlosses in Gestalt eines kleinen, grün gekleideten Männleins erschien und spottend rief: Habt ihr mich schon oder wollt ihr mich erst? Unter foppendem Hundegebell verschwand der kleine Geist. Als die Träger nach der Einsegnung den Sarg auf die Schultern nehmen wollten, saß plötzlich das kleine Männlein starr und beweglich darauf. Die Träger wichen entsetzt zurück und es gelang nur mit sehr viel Mühe, die Träger wieder dazu zu bewegen, die Bahre mit dem unheimlichen Gespenst darauf nochmals anzufassen und hochzuheben. Dies misslang jedoch, da eine unsichtbare Macht Schragen und Sarg am Boden gefesselt hielt. Da ein mehrmaliger Versuche, die Leiche fortzuschaffen misslang, kam es zum Gemurmel unter der Trauerversammlung und man hörte immer wieder die Worte: „Hätte man doch Weihwasser!“. Alsbald drängte sich ein altes Männlein durch die Trauerversammlung. Er goss sich aus einem steinernen Krüglein Weihwasser in die hohle Hand und besprengte das Gespenst damit, welches sofort feuerprustend und zischend verschwand. Das Begräbnis konnte daraufhin ohne weitere Störungen vollendet werden.
In der auf den Begräbnistag folgenden Nacht hat sich, wie die Sage weiß, folgendes zugetragen: Hauptmann von Roth war ein großer Verschwender und befand sich oft in Geldnöten. Damals saß auf dem Hof zum Tanner (Thannweiler), ein recht wohlhabender Bauer namens Reuterle, der mit seinem Gelde häufig dem Roth aus der Verlegenheit geholfen hatte. Reuterle gehörte zu den besten Freunden Roths und war häufig als Gast im Winzinger Schloss zu sehen. Nach den Begräbnisfeierlichkeiten ordnete Reuterle sofort mit dem Amtmann David Kugler seine Geldangelegenheiten und mag sich dabei etwas zu lange verweilt haben. Erst nachts um 11 Uhr trat er den Heimweg an. Da sei dem Mann Haarsträubendes passiert.
Auf dem Zuckmantel (zwischen Rechbergle und Bloßenberg) eine Viertelstunde von Thannweiler, sprengte von Roth auf einem Pferde ohne Kopf, begleitet von vielen kopflosen Hunden unter Sturmgebraus und Hundegekläff von Granegg her an Reuterle heran. Im Schrecken lüpfte Reuterle seine Mütze und grüßte: „Guten Abend, Herr Hauptmann!“ Das hätte Reuterle nicht tun sollen. Der Geist brülle mit unnatürlicher Stimme: „Würde ich dich nicht so gut kennen, ich zerisse dich zu Zunder und Fetzen!“. Dann stürmte das Gespenst weiter unter Hallo, Hussa und Hundgekläff, als ob der wilde Jäger und Wotans Herr dahinfahre. Reuterle hörte noch, wie sich die wolde Jagd unter schrecklichem Lärm und Krach in den Heldenberg hinüberzog, worauf ihm die Sinne schwanden. Als er aus seiner Ohnmacht erwachte, läutete eben die Morgengebetsglocke von Wißgoldingen herüber. Reuterle betete den „Engel des Herrn“ und empfahl die Seele des verstorbenen Freundes der Gnade Gottes. Zugleich aber gelobte Reuterle, für die Seelenruhe desselben eine Kapelle zu erbauen, welches Gelübde er auch einlöste, es ist die am östlichen Fuße vom Rechbergle errichtete St. Leonhardskapelle.
Die Entstehungssage der Reiterleskapelle wurde von Bernhard Gaugele (* 20.08.1833 in Winzingen; + 26.09.1916 in Donzdorf) zu Papier gebracht. Heute weiß man, dass es zwar im Zeitraum von 1607 bis 1621 tatsächlich einen Hauptmann Joachim Berchthold von Roth gab, der Herrscher in Winzingen war und im Jahr 1621 verstarb; allerdings weiß man auch, dass es zu dieser Zeit keine Familie Reuter (oder ähnlich) in Tannweiler gab, wie die Taufbücher der katholischen Pfarrei Waldstetten verraten. Über dem Eingang der Reiterleskapelle ist als Jahreszahl auch das Jahr 1714 angebracht und nicht etwa 1621 in dem Hauptmann Roth gestorben ist. Der frühere Gmünder Stadtarchivar Albert Deibele äußerte sich zur Entstehung der Kapelle in der Illustrierten Zeitschrift zur Pflege des Heimatgedankens in Stadt und Kreis Schwäbisch Gmünd (Nr. 23, Einhorn-Verlag, 1957):
„Man kennt ihn nicht. Die Jahreszahl 1714 über dem Türeingang läßt nur wenige Schlüsse zu. Wahrscheinlich ist es ein schlichter Bauersmann aus dem nahen Tannweiler; denn dort leben ja heute noch die „Reuterles“. [...] Sicherlich sind Bauwerk und Bildwerk mit wenig Kunstfertigkeit, aber mit viel Liebe und Glauben und feiner Einfühlung in die Landschaft geschaffen worden.“[
Der Stifter und die Hintergründe sind bis heute weiterhin unbekannt. Es existieren keine historisch Verwertbaren Fakten.
Die Innenausstattung der Kapelle ist sehr einfach. In der Mitte ist eine Statue des Heiligen Leonhard von Lingens angebracht, dem Namensgeber des Kapellchens. Er gilt unter anderem als Schutzpatron der Pferde. Auf der linken Seite ist in einer Nische eine Madonnenfigur. Früher befanden sich barocke Heiligenfiguren des St. Johannes, St. Antonius und St. Georgius im Altarraum, die jedoch im Jahre 1988 gestohlen wurden und bis heute nicht mehr aufgetaucht sind.
Die Kapelle steht unter dem Schutz einer großen alten Linde, welche nach forstmännischer Schätzung aus dem Jahre 1954 um das Jahr 1600 gepflanzt worden sein muss. Sie ist also rund einhundert Jahre älter als die Kapelle. Vermutlich wurde Sie an dieser markanten Stelle gepflanzt um als „Zeiglinde“ den Weg zum nicht weit entfernt gelegenen Christentalpass zu weißen.
Die Kapelle liegt an dem regionalen Wanderweg „Glaubenswege“ und direkt am „Jakobsweg“. Seit kurzem ist in der Kapelle eine Stempelstelle des Jakobswegs hinterlegt, den sich Pilger als Erinnerung abschlagen können.
Briefmarken der Reiterles-Kapelle & Sonderstempel zum Jubiläum
Der Briefmarkensammlerverein Gamundia und die Jungen Briefmarkenfreunde Schwäbisch Gmünd, sowie das Erlebnisteam Briefmarken der Deutschen Post Philatelie beteiligen sich ebenfalls an diesem Festtag mit einer Sonderpostfiliale und einem Infostand (9-16 Uhr). Zum Gedenken wird ein Sonderstempel mit dem Motiv der Reiterles-Kapelle und im Vordergrund dem Reiter Roth auf seinem Kopflosen Pferd ausgegeben. Des weiteren werden eine Erinnerungsansichtskarte und ein Erinnerungsbeleg sowie zwei Briefmarken individuell (Waldstetten & Tannweiler) mit verschiedenen Ansichten der Reiterles-Kapelle und Darstellungen aus der Sage aufgelegt. Ferner werden je eine Briefmarke individuell mit einer Zeichnung der Wißgoldinger Kirche St. Johannes Baptist und der Patrizius Kapelle Weilerstoffel ausgegeben.
Vorbestellungen und weitere Informationen erhalten Sie auf unserer Homepage www.bsv-gamundia.deoder bei Olaf Rothaug, Robert-Koch-Straße 27, 73527 Schwäbisch Gmünd.
Eine Übersicht über alle Produkte zum 300 Jährigen Jubiläum der Reiterles Kapelle, können Sie dem unten angefügten
PDF-Dokument entnehmen.